Schnee by Yrsa Sigurdardóttir

Schnee by Yrsa Sigurdardóttir

Autor:Yrsa Sigurdardóttir [Sigurdardóttir, Yrsa]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller/Krimi
Herausgeber: btb Verlag
veröffentlicht: 2022-08-30T22:00:00+00:00


18. Kapitel

Jóhanna war genervt, weil sie die ganze Zeit verkrampft lächelte, schon während des gesamten Abendessens, aus reiner Höflichkeit. Dabei war sie immer noch erschöpft vom Wochenende und hätte sich nach der Arbeit am liebsten aufs Sofa gelegt, vor den Fernseher, anstatt Gäste zu bewirten, die sie gar nicht kannte.

Trotzdem hatte sie es gemacht. Für Geiri. Er bat sie nicht oft um etwas, dennoch hatte sie zu lange gezögert. Anstatt direkt »kein Problem« zu sagen, hatte sie geschwiegen und versucht, sich eine glaubwürdige Entschuldigung einfallen zu lassen. Daraufhin hatte Geiri ihr die Sache am Telefon erklärt, die Kollegen seien es leid, in Restaurants zu essen, und er habe sie schon eingeladen. Sie war nicht sauer, bedauerte es aber, nicht sofort ja gesagt zu haben.

Nachdem sie erfahren hatte, wann die Gäste kommen würden, war sie schnell einkaufen gegangen, damit sie etwas Vernünftiges auftischen konnte. Die Tiefkühltruhe war zwar voll mit Fisch und Hummer, aber sie wollte keinen Fisch kochen. Beim Mittagessen hatte keiner Fisch oder Meeresfrüchte bestellt, die Männer hatten Fleisch oder Hamburger gewählt und die Frau einen Salat mit Hühnchen. Typische Rollenverteilung.

Jóhanna hatte Fleisch und Salat für doppelt so viele Gäste wie erwartet aus dem Supermarkt mitgebracht. Geiri und sie würden im Lauf der Woche die Reste essen. Sie hatte keine Zeit für akribische Planungen, musste schleunigst die Ärmel hochkrempeln, kochen, den Tisch decken, duschen und sich umziehen. Als die Gäste eintrafen, war sie erst seit zehn Minuten fertig, tat aber so, als hätte sie das alles aus dem Ärmel geschüttelt. Warum eigentlich?

Die Leute trugen noch dieselben Klamotten, denen man ansah, dass sie lange im Meeting gesessen hatten. Alles war zerknittert und schief. Diesmal war Jóhanna schicker als die anderen, im Gegensatz zu mittags, als sie sich neben ihnen wie die Tellerwäscherin des Restaurants vorgekommen war. Das machte sie sicherer, sie beteiligte sich an den Gesprächen, fühlte sich mehr als Teil der Gruppe. Trotzdem amüsierte sie sich nicht besonders, auch wenn sie sich, anders als beim Mittagessen, nicht nur mit den beiden Rettungswachtleuten unterhielt. Schicke Klamotten halfen nicht gegen Müdigkeit.

Inzwischen waren sie nur noch zu viert. Neben Geiri und Jóhanna waren noch der Kripo-Mann aus Selfoss und Þórir von der Rettungswacht da. Die anderen waren nach dem Essen ins Hotel gegangen. Zu Jóhannas Enttäuschung schlossen sich die beiden nicht an, sondern nahmen sogar noch einen Kaffee, der sie garantiert wieder wach machen würde. Auch Geiris Angebot, dazu einen Cognac zu trinken, schlugen sie nicht aus. Jóhannas Lächelmuskulatur wurde auf eine harte Probe gestellt.

»Wisst ihr schon, wann ihr zurück nach Hause fahren könnt?« Jóhanna trank einen Schluck Kaffee. Sie war so müde, dass das Koffein ihr bestimmt nichts ausmachen würde, wenn sie endlich ins Bett fiel.

Der Kripo-Mann antwortete, vermutlich morgen oder übermorgen. Das hänge unter anderem davon ab, wann die Ergebnisse der Obduktion vorlägen.

Þórir stimmte ihm zu. Morgen oder übermorgen. Er werde so lange bleiben, wie man ihn brauche.

Jóhanna fiel auf, dass Þórir gar nicht erzählt hatte, wo er eigentlich arbeitete. Sie wusste alles über seine Ausbildung, aber nicht, was er – außer als Ehrenamtlicher bei der Rettungswacht – damit machte.



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